Roman Junghahn 
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23. Januar 2025© © Elisabeth Gramm 

Psychische Gesundheit: Florist berichtet von steinigem Weg

Roman Junghahn erfuhr in seinem Leben einige Schicksalsschläge. Seine psychische Gesundheit litt. Auf seinem Weg zum Floristen traf er auf Menschen, die ihm mit Wärme begegneten.

Rheinhessen. Es war eine „lange und schwierige Reise“ hin zur Floristik, berichtet Roman Junghahn. Der 37-Jährige musste einige Umwege gehen, um seine Berufsausbildung zum Floristen erfolgreich abschließen zu können. Der Weg dahin? Gezeichnet von Schicksalsschlägen. Zunächst verstarb der Vater, dann erhielt die Mutter die Diagnose Krebs. Auch sie verstarb. Das war noch bevor er nach dem Abitur sein Studium der Amerikanistik in Mainz aufnahm. In dieser Zeit, erzählt Junghahn, habe er sich alleine gefühlt. Überfordert mit der Situation. Die Zeit des Studiums sei isoliert gewesen. Der damals Mitte 20-Jährige zog sich immer mehr zurück, studierte „so vor sich hin“, wie er es beschreibt. Nach einer gewissen Zeit habe er sich dazu entschieden, das Studium abzubrechen.

Klinikaufenthalt und Hilfe bei der gpe

Neuanfang: Ein zweites Studium der Sozialen Arbeit in Wiesbaden. „Zunächst lief dort alles gut“, sagt Junghahn. Der Bereich sei genau seins gewesen. Nach und nach habe er dann aber gespürt: Es geht auch hier nicht mehr. Die Muster hätten sich wiederholt. Er habe den Zyklus ein weiteres Mal durchlaufen. Dadurch, wie Junghahn heute sagt, 17 Jahre verloren. Es folgte ein Klinikaufenthalt. Nach diesem habe er Hilfe bei der Gesellschaft für psychosoziale Einrichtungen (gpe) in Mainz gefunden.

Seine damalige Jobcoachin sei „ein Segen“ gewesen, erinnert sich Junghahn. Mit ihrer Hilfe habe er herausgefunden, in welche Richtung er gehen möchte. Sich Fragen gestellt wie: „Wer bin ich?“, und „Was kann ich?“. „Und ich habe mich gefragt, was passend sein könnte, wenn man im Kopf kompliziert ist“, erklärt Junghahn. Im Gespräch wird deutlich, dass er mit seiner psychischen Erkrankung offen umgeht. Schließlich habe Junghahn sich damit auseinandergesetzt, inwiefern er fit für den Arbeitsmarkt und die Berufswelt ist. Sein damaliger Gesundheitszustand hatte es schließlich zugelassen. Junghahn begann ein Praktikum bei der „Blumenecke Wollner“ in Nierstein. Hier hatte er erste Berührungspunkte mit der Floristik. Sein Glück: Nach dem Praktikum konnte er dort bleiben und eine Ausbildung zum Floristen machen.

„Blumenecke Wollner“ in Nierstein: „Unfassbar viel Menschlichkeit“

Das Arbeitsklima dort sei von Anfang an besonders gewesen. Das liege auch daran, dass es sich bei der „Blumenecke Wollner“ um einen kleinen Betrieb handelt, ordnet Junghahn ein. Er habe „wahnsinniges Glück“ mit seinem Ausbildungsbetrieb gehabt. Das Klima sei hier immer liebevoll gewesen, der Ton niemals rau – wie man es aus anderen Betrieben der Branche, die mitunter auch mal hart sein kann, kenne. Er schwärmt von „unfassbar viel Menschlichkeit“, die ihm entgegengebracht worden sei. „Es war zudem wunderbar, dass ich den Beruf des Floristen wirklich erlernen durfte, statt gefühlt einfach nur eine billige Aushilfskraft zu sein“, erklärt Junghahn. Ohne den besonderen Ausbildungsplatz und seine Jobcoachin von der gpe wäre er nicht da, wo er heute ist, meint der heute 37-Jährige.

„Auf meinem Weg habe ich Menschen gesucht – und glücklicherweise auch gefunden – die mir Halt geben. Die vielleicht sogar ein bisschen Elternersatz für mich bedeuten“, sagt Junghahn. Er habe gelernt: Wenn man um Hilfe ruft, dann helfen einem die Menschen. „Psychische und seelische Probleme müssen keine Hindernisse sein, um in die große weite Welt hinauszugehen.“ Aus diesem Grund wählt er einen offenen Umgang mit seinen Problemen, habe seinen Mitschülern in der Ausbildung direkt erklärt, wer er ist und mit wem sie es zu tun haben. Ihm helfe dieser Umgang, erklärt Junghahn.

Auszeichnung für Prüfungsergebnis

Nun ist Junghahn Florist und wurde für sein Prüfungsergebnis in Berlin ausgezeichnet. Das freue ihn, jedoch gebe es Menschen, die es mit Sicherheit aufgrund ihres Könnens mehr verdient hätten als er, unterstreicht Junghahn. Er ist ein bescheidener Mensch, der ungern einen Hehl um sich macht. Das wird im Gespräch deutlich. Ihm sei es nie um das gute Prüfungsergebnis gegangen, sondern immer darum, sein Bestes zu geben, Ziele zu erreichen, die ihn stolz machen.

In dem Betrieb in Nierstein konnte er nach der Ausbildung nicht bleiben, mittlerweile ist er in Wiesbaden in einem größeren Pflanzenmarkt tätig. Jetzt fürs Erste sei das „super“, wenn auch floristisch nicht so interessant, wie an anderer Stelle. Aber: Er könne sich in Ruhe ein Leben aufbauen – das schätze er ungemein wert.

Eigener Podcast und Projektarbeit

In seiner Ausbildung hat er eine Kollegin kennengelernt, mit der er mittlerweile einen Podcast hat. In „A Bunch of Flowers“ (dt. ein Blumenstrauß) tauschen sich die beiden aus, kombinieren humoristische Elemente mit Hintergrundwissen zur Floristik und sprechen unter anderem über die Schönheit von Blumen. Interessant werde es immer dann, wenn man der eigenen Profession neue Elemente hinzufügen könne, meint Junghahn.

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